Die Sache mit den Tieren: Fledermäuse und Vögel
Quelle: http://www.nahe-natur.com/Freinatur/Windkraft/
Breit diskutiert wird der Einfluß von Windrädern auf flugfähige Tiere, vor allem Fledermäuse und Vögel. Hier zusammengefasst - trotz noch einiger Forschungslücken - der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand besonders zu negativen Einflüssen:
- Eine hohe Zahl von Fledermäusen stibt durch Windräder. Die Größenordnung nach Stichproben und Modellierungen beträgt etwa 250.000 Tiere an 25.000 Windkraftanlagen (2015) in Deutschland. Das ist hoch relevant für den Naturhaushalt - Fledermäuse sind wichtige Schädlingsvertilger.
- Der Anteil wandernder Arten ist hoch. Damit wird nicht nur die lokale Fauna geschädigt, sondern Europa-weite Auswirkungen sind anzunehmen. Das hat nicht nur ökologische, sondern auch moralische und juristische Folgen, wenn ein Land wie Deutschland negativen Einfluss auf den europäischen Gesamtbestand nimmt. Das gilt ähnlich auch für Großvögel (vor allem Rotmilan) sogar in weltweiter Verantwortung, wobei deren genauen Todesraten noch unsicher sind, aber auch als relevant angenommen werden.
- Viele Fledermäuse sterben nicht direkt durch Rotorschlag, sondern erleiden aufgrund von Druckunterschieden an drehenden Rotorblättern ein "Barotrauma", also eine Schädigung der Lungen. Sie verenden oft qualvoll an anderen Orten und später in ihren Quartieren. Das erklärt auch, warum unter Windrädern wenig tote Exemplare zu finden sind - den Rest vertilgen recht schnell die am Boden lebenden Aasfresser wie Füchse; nur solche Tiere profitieren von Windrädern.
- Rotorkollissionen sind isoliert gesehen zwar relativ seltene Ereignisse. Bei gefährdeten Arten und kleinen Populationen (z.B. Schreiadler, Seeadler) können diese jedoch entscheidende negative Gesamtwirkung haben. Und bei der schon bestehenden Summe an Windrädern werden sogar häufigere Arten wie Mäusebussard oder Rotmilan stark betroffen.
Haupt-Quellen für bisher genannte Punkte: - Fledermäuse: Wissenschaftliche Untersuchungen der Universität Hannover 2013 (Arbeitsgruppe Michael Reich) und von Christian Voigt und Anderen am Leibnitz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin, aufbauend auf vielen Vorarbeiten. Hier der 'Link' zur Zusammenfassung des Instituts und hier zum aktuellen Original-Artikel (in Englisch). - Für Vögel PROGRESS-Studie (2016 - Interview-pdf).
- Manche Autoren nehmen eine Attraktionswirkung von Windenergienlagen für Fledermäuse an, die sich dann als Todesfallen herausstellen: Fledermäuse orientieren sich oft an Grob-Strukturen und je nach Standort ähneln Windräder einfachen großen kahlen Baumkronen. Fledermäuse fliegen hin - und werden geschädigt. Weitere Studien müssen das weiter überprüfen, aber sicher ist schon heute, dass sich Fledermäuse nicht von Windrädern abschrecken lassen - und dafür sterben.
- Eine Attraktions- und zugleich Fallenwirkung gilt auch für den Rotmilan. Er frisst unter anderem Aas und wird durch verendete Tiere unter Windrädern angezogen. Dabei gerät er oft selbst in die Rotorblätter. Ablenkfütterungen weit abseits von Windparks werden als Verträglichkeits-Maßnahme für den "Totmilan" derzeit diskutiert. Ob das aber noch guter Naturschutz wäre, muss kritisch gesehen werden, zumal auch einiges an Aufwand (Betreuung) und Geld nötig ist.
- Fledermäuse und viele Vögel folgen gemeinhin den Insekten in der Höhe, die oberhalb der Baumkronen unterwegs sind. Der Raum (weit) oberhalb der Baumkronen wird oft unterschätzt. Somit wird auch durch die neueren und sich relativ langsam drehenden Riesenwindräder ein bedeutender Schaden angenommen.
- In der Summe ist Tod durch Windkraft in den bereits verbauten Regionen schon so häufig und relevant, dass inzwischen sogar scheinbar unempfindliche kommune Arten wie Mäusebussard und Zwergfledermaus allmählich seltener werden - mit möglichen Auswirkungen auch auf den Naturhaushalt im Agrarraum (Stichwort natürliche Schädlingsvertilgung).
In Gegenreden wird oft vorgebracht, dass ein negative Einfluss von Windkraft auf Populationen hinter den anderen und größeren Einflüssen auf Tiere wie z.B. Tod an Verkehrswegen, Lebensraumverlust oder (schleichende) Vergiftung durch die Landwirtschaft nachzuordnen ist. Es ist richtig, dass andere Einflüsse (zu) hoch sind und dass diese angegangen werden müssten. Windkraft ist aber ein zusätzlicher Einfluss, der sicher einer zu viel ist.
Nach Sortierung vorliegender Daten muss festgestellt werden, dass Windkraft inzwischen auch alleine ein hoch relevanter Einflussfaktor ist, der nicht einfach nachzuordnen ist. Außerdem werden durch Windkraft bestimmte Tierarten vermehrt betroffen (z.B. Mäusebussard, Rotmilan), deren Populationen durch andere Einflussgrößen noch nicht so maßgeblich getroffen wurden und für die Windkraft nun entscheidende Bedeutung erlangt.
Differenzierungen und Abmilderungen für bestimmte Tierarten!
Obwohl der negative Einfluss auf viele Tiere und Populationen belegt und außergewöhlich ist, so gibt es auch einige Differenzierungen und Abmilderungen: Je nach Standort und Bauart von Windenergieanlagen kann es auch mal kaum Verluste geben. Manche Arten scheinen aufgrund ihrer Lebensweise außerdem weniger schlaggefährdet zu sein, so die Mopsfledermaus oder Bechsteinfledermaus, die fast nur unterhalb des Kronendaches bleiben und daher von waldüberragenden Rotoren kaum betroffen sein könnte. Allerdings sind bei waldüberragenden Anlagen dann wiederum andere Arten betroffen. Solche differenzierenden Erkenntnisse und Teilentwarnungen für bestimmte Arten stehen allerdings noch am Anfang und müssen weiter belegt werden müssen (aktuelle Forschung läuft!). Daran knüpfen Ansätze und Diskussionen für eine Verträglichkeit von Windenergie mit bestimmten Tierarrten an, wenn (nur) diese im Raum vorkommen würden.
Kompromisse und Herstellung einer Verträglichkeit für Tiere?
Viele Autoren geben an, dass Windkraft nicht generell unverträglich für Fledermäuse und Vögel sein muss. So kommt es auf große Abstände zu bedeutenden Vorkommen und auf eine übergeordnete großräumige Koordination an. - Doch das findet in der Realität kaum statt oder Abstandsregelungen sind zu klein und zu starr. Beispiel: nur 1500 m, fallweise auch 3000 m zu einem aktuellen Rotmilanhorst gilt je nach Region als Tabuzone, aber in 3100 m wäre dann der Bau einer Großanlage möglich mit je nach Lokalität fatalen Wirkungen. So etwas ist häufig anzutreffender Unsinn; und oft sind die Abstände sogar noch kleiner.
Auch wird oft angenommen, dass durch Abschaltung der Windräder in besonders sensiblen Phasen (Dämmerung, windschwache Stunden, besondere Schwarmzeiten) oder auch durch radargestützte Abschrecksignale die Todesrate deutlich reduziert werden kann. - Doch das wird noch zu wenig durchgeführt und die tatsächliche Wirkung wird nur wenig kontrolliert. Insgesamt ist das ein offenes Forschungsfeld.
Auch die Bauart und Höhe der Windkraftanlagen sowie der genaue Standort kann vielleicht fallweise verträglich gestaltet werden, auch in Wäldern und zumindest für manche Tierarten. Viele Forscher fordern zur Verträglichkeit von Windkraft mit Tieren die Freihaltung zumindest von (naturnahen) Wäldern (z.B. Richarz: Studie der deutschen Wildtierstiftung 2014 - Link) oder besonderer natursensibler Standorte.
Dann wäre Windkraft speziell für Tiere je nach Standort verträglich gestaltbar, so eine häufig anzutreffende Annahme. Aber reicht das aus ... ?